Grönland: Kangerlussuaq

Reisezeit: 07.08. - 15.08.2014

50 Minuten Umsteigezeit in Hamburg werden schon reichen, wäre da nicht...

ja, wäre da nicht die Bahn,die aus 15 Minuten Verspätung in Frankfurt durch "nicht funktionierende Oberleitungen" und 160 statt 300 km/h ("Meine Damen und Herren, irgendwie klappt unser Motor nicht so ganz, genauergesagt, wir können nicht schneller als 160 fahren") mehr als eine Stunde Verspätung macht,

in other words: 50 Minuten reichen nicht, ich verpasse meinen planmäßigen Anschluss nach Kopenhagen und komme somit eine halbe Stunde nach Nachtruhe/Schließung meines Hostels in Kopenhagen an.

 

Also... weiter an den Airport und dort eine "schöne Nacht" machen.

Immerhin hab ich eine Stunde auf dem unglaublich bequemen Airportboden geschlafen um kurz darauf am Gate die Durchsage "Mr. Patrick A., please contact Air Greenland immediately" zu hören-

wohoo, wenn's so chaotisch startet, dann muss ja alles andere gut werden!

Mein Spirituskocher würde gefährlich aussehen und sie müssten ihn auf Rückstände kontrollieren.

Zum Glück war er sauber, sonst hätten sich meine Wanderpläne ziemlich schnell erübrigt gehabt,aber da es keine Küchenbombe war, die sie da vorfanden, wars OK und ich (und v.a. meine Tasche) dürfen an Bord.

An Bord erfährt man dafür die herzlich gemeinte Getränkenötigung des Bordservices:"Neeeeein, nehmen Sie sich nicht nur ein Getränk, nehmen Sie mindestens 3 Dosen Cola, Grönland ist teuer".

Na gut, wenn ihr meint...

Die letzte der 4 1/2 Flugstunden war ein absoluter Hammer, man sieht von weitem die Eisberge vor der grönländischen Ostküste näherkommen, bis man die riesige Eismasse überfliegt die scheinbar endlos weitergeht.Etwa 30 km vor der Eiskante sieht man große Gletscherseen auf dem Eis,das kristallblaue Wasser sticht geradezu aus dem Weiß des ewigen Eises hervor, Grönland lohnt sich, bevor man überhaupt gelandet ist!


 

Nach der Landung in Kangerlussuaq mache ich einen (optimistisch und letztendlich fast zu) kleinen Einkauf im Supermarkt um im Anschluss sofort gen Inlandseis loszulaufen.

Der Russell-Gletscher liegt gut 30 km vom Ort entfernt; da ich erst gegen Mittag losgehe setze ich mir den 10 km entfernten Berg  "Sugar Loaf" als Tagesziel.

 

 Unterwegs komme ich am nördlichsten Golfplatz der Welt vorbei, dieser wurde erbaut, da Kangerlussuaq früher eine US-Militärbasis war und die Soldaten auch in der Freizeit Beschäftigung haben wollten.

Auf der Wanderung geht man zunächst am Fluss mit zum Teil interessanten Ausblicken vorbei bevor es auf den Sogar Loaf hinaufgeht. Etwa 30 Höhenmeter unter der Spitze baue ich mein Zelt auf, bereits von hier aus sieht man das Inlandseis, aber auch einige nette Bergseen, die am Rand der längsten "Straße" Grönlands liegen, einer Schotter-Sand-Piste, die ohne Allradantrieb nicht fahrbar ist.

 


Der größte Nachteil meines gewählten Zeltplatzes zeigt sich im zweiten Bild:

Der Fluss liegt einen guten Kilometer vom Zelt und zum Abendessenkochen braucht man notgedrungen Wasser, also gehe ich auf der Rückseite des Berges runter in Richtung Fluss mit 2 Kochtöpfen und der Trinkflasche, nun noch über die kleine Bergkuppe und dann...

 

...bleibe ich stehen, denn ein ziemlich großer Moschusochse steht gut 25 Meter vor mir und da auch er sich erschrocken hat, hebt er den Kopf und geht in Angriffsstellung.

Wir sind uns beide einig, dass ich der Schwächere bin und daher weglaufen sollte, denn er scheint davon überzeugt, dass der Fluss ihm gehört. Auf der Flucht (ja, 400 kg und verdammt große Hörner sind überzeugende Argumente) habe ich scheinbar zwischen Büschen und Seenplatte meine Flasche verloren (und auch auf der Suche am Folgetag nicht wiedergefunden), guter Start!

Eine Stunde später probier ich es nen knappen km weiter flussaufwärts, der "Moschus-Kumpel" von eben sieht mich, akzeptiert den Abstand aber und frisst weiter Gras, immerhin!

Das Wasser ist leicht sandig, schmeckt aber nach einer hochprofesionellen Filtrierung (Wasser durch ein frisches Tshirt schütten, dann bleibt der meiste Sand im Stoff hängen- es lebe die Improvisation!)

Nach 2 Stunden Wasser"suche" kehre ich zurück in Richtung Bergspitze, Tag 1 geht zu Ende und hatte schon so einiges Schönes, Spannendes und Ereignisreiches, bin mal gespannt, wie die nächsten Tage so werden....

 



 Am 2. Tag geht es die letzten 20 km zum Gletscher weiter, am mittlerweile riesigen Fluss vorbei, der das Schmelzwasser des Gletschers ins Meer transportiert.

Unterwegs werde ich fast durchgehend von vielen Vögeln der selben Art begleitet, die sich gegenseitig warnen, dass da wer kommt, um dann -statt sich wegen der Warnung der Anderen zu verstecken-

rauszukommen und zu gucken wer da herläuft,

eine sehr ausgefeilte Überlebenstechnik... oder auch nicht! 


Nach einer kleinen Mittagspause mit Campingkocher und Tütensuppe im unglaublich trockenen Sandflugtal (man läuft 5 km über alten Gletschersand und tritt sich mit gut 28 kg Gepäck ziemlich müde) treffe ich wieder auf einen Moschusochsen,

aber dieses Mal macht er/sie es so wie es das Buch über Tiere der Arktis voraussagt und läuft scheu den Berg hinauf um Abstand zu gewinnen; So kann ich dem Ochsen lange zuschauen (ohne weglaufen zu müssen),

schonmal ein tierisches Highlight der Reise!

 

Auf dem Weg zum großen Gebirgs-See überhole ich eine kleine Gruppe die auch zu Fuß unterwegs sind,

wir unterhalten uns kurz und dann geht die Wanderung gen Eis weiter, nur noch 4-5 Kilometer und ein weiterer großer Berg, doch der Blick zurück ist auch ohne Eis verdammt schön, wie ich finde, irgendwie hat die Landschaft was von den schottischen Lochs in den Highlands:

 

Als ich mich für eine weitere Pause hinsetze, kommt ein Rentier vorbei, was mich zunächst nicht bemerkt, kurz darauf aber beschleunigt es und läuft (weiterhin im klischeehaften- Trippelschritt) über eine Kuppe ins nächste Tal...

 

Für mich geht es in der anderen Richtung bergauf und auf der Spitze angekommen, sieht man den riesigen Russells-Gletscher direkt vor sich, über einen km breit ist er und bis zu 80 Meter hoch.

Nach einem kleinen Entdeckungsspaziergang (mit ausreichendem Abstand zu den Eismassen, die jederzeit abbrechen können) baue ich mein Zelt auf.

Da ich erst spät nachmittags ankomme, sind schon alle Allrad-Wagen-Touristen weg und außer mir zeltet heute niemand hier, so habe ich den Gletscher quasi für mich alleine.

 

Vorsicht: Rentier kreuzt!
Vorsicht: Rentier kreuzt!
Zu nah?  Das Zelt steht über 150 Meter von der Gletscherkante entfernt
Zu nah? Das Zelt steht über 150 Meter von der Gletscherkante entfernt
...Ein unwirklicher Anblick: Der Russell-Glacier ist hier bis zu 80 m hoch
...Ein unwirklicher Anblick: Der Russell-Glacier ist hier bis zu 80 m hoch
Arktische Blumen bringen etwas Farbe in die sonst eher karge Landschaft
Arktische Blumen bringen etwas Farbe in die sonst eher karge Landschaft

 

 

 

 

 

Die Größe des Gletschers wird besonders deutlich, wenn man zuerst auf den großen Eisbrocken der unten auf dem Felsvorsprung liegt schaut und dann das nächste Bild betrachtet-

Es ist das selbe Stück Eis!

  

Den Rest des Abends genieße ich den Anblick dieses riesenhaften Eiswand,

ab und an brechen einzelne Eisplatten heraus, aber wenn man den Knall hört, kann man mit der Kamera kaum noch reagieren, manche Dinge sind eben nur für die eigenen Augen und die Erinnerung, nicht aber fürs Fotoalbum bestimmt, sorry!

 

Über Nacht werde ich mehrfach von gewitterartigen Schlägen wach, da es sich aber "nur" um abstürzende Eismassen handelt, schlafe ich beruhigt und irgendwie zufrieden weiter...


Am nächsten Morgen entschließe ich mich dazu, nach dem Frühstück zurückzugehen.

Ohne Wasserflasche und mit Benzin statt Spiritus für den Kocher (der Supermarktbesitzer am Airport wusste nicht was ich brauchte, er konnte kaum Englisch und ich mit Ausnahme von Hallo und Tschüss kein Wort Dänisch, Kommunikation mit Händen geht halt auch mal schief) würde die Weiterreise mehr als unangenehm werden, da jenseits vom Gletscher das Wasser doch eher rar gesät ist.

Deshalb nehme ich mir vor, die 30 km zum Ort zurück in einem durchzugehen.

Vorher hole ich aber noch Wasser im Grönland-Stil, welches ich als Weg-"Verpflegung" in Töpfen transportiere und unterwegs immer das geschmolzene Eis wegschlürfe.

 

Vom aufkommenden Regen angetrieben, schaffe ich die 30 km mit ein paar

geschmolzenes-Eis-Trink-Pausen in 7 Stunden und gehe mit plattgelaufenen Füßen in die Flughafen-Cafeteria, quasi das Herz des 500-Seelen Ortes.

 

Hier gönne ich mir ein Abendessen zu (für Grönländischen Verhältnissen) günstigen Preisen, das heißt:

4 Scheiben Roastbeef mit Rösti, undefinierbarem Tiefkühlgemüse und Tütensoße für 9€,

eine 0,5er Flasche Limo für 4€

und eine einzelne Orange für 2€,

alles aus/über Dänemark importiert...

 

Die Nutzung des Zeltplatzes (naja, eine strohige Wiese ohne Bad/Küche, dafür mit morschen Sitzbänken) kostet nichts,

das WC des nahegelegenen Airports 24 Stunden auf, somit ist immerhin ein Waschbecken zum Waschen und ein Klo in der Nähe.


 

 

 

 

 

Am nächsten Morgen begrüßt mich ein Polarhase auf dem Campingplatz, ist aber so schnell wieder weg,

dass ich ihn nur noch aus dem Handgelenk mit der Kamera erwischen kann....

In den folgenden Tagen regnet es so oft und so stark, dass ich nur einige kurze Ausflüge in die nähere Umgebung machen kann und zwischendurch gemütlich durch den Ort spaziere.

Hier wurden nach dem Abzug des Militärs ein Hotel, ein Supermarkt, die Schule und der Kindergarten in leerstehende Militärgebäude verlegt, aber auch andere Überreste wie Fahrzeuge und alte US-Satellitensysteme stehen noch heute im Ort.


Kindergarten und Schule in alten Militärcontainern
Kindergarten und Schule in alten Militärcontainern
Nur Wenige können sich ein eigenes Haus leisten, die meisten Grönländer leben in großen Wohnblocks
Nur Wenige können sich ein eigenes Haus leisten, die meisten Grönländer leben in großen Wohnblocks

 

 

Der Lake Ferguson liegt nur ein paar Kilometer abseits des Ortes- 

das alte Bootshaus am Rand des Sees ist nur abends in Nutzung und so kann ich auf einer Felsplatte am Rand des Sees einfach die Stille dieses Ortes genießen,

mir wird so langsam erst bewusst wie riesig Grönland  ist und wie verstreut die 55.000 Einwohner auf der größten Insel der Welt leben....

 

So long,...

 

hier geht's weiter mit Woche 2 und 3

der Grönlandreise ...

 

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