Grönland: Ilulissat und die Diskobucht

Reisezeit: 15.08. - 28.08.2014

Der Regen hält sich wacker in Kangerlussuaq,  zum Glück geht es heute mit der Propellermaschine nach Ilulissat weiter,

direkt an der Küste sollte sich das Wetter schneller ändern...

 

Nachdem man seinen Namen am Schalter nennt bekommt man seinen Boardingpass,

ohne Pass- oder Handgepäckkontrolle geht es in den Flieger-

der Grönländer an sich nimmt das wohl sehr locker.

Nach einer gemütlichen 3/4 Stunde Flug, landen wir in Ilulissat, hier ist es (fast) strahlend blau und nach 4 km Fußweg vom Airport hat man den Zeltplatz erreicht, oder das was man sich hier unter Zelplatz vorstellt:

Unebene Felsen im Grünen, dafür mit einer einmaligen Aussicht:


Nachdem ich mein Zelt aufgebaut habe und auf einen Sprung in den Supermarkt gegangen bin,

gehe ich den Holzplanken-Weg hinunter zum Kangia Eisfjord,

die Holzplanken wurden verlegt, damit auch die Kreuzfahrtschiffleute mal an die Eisberge kommen,

ohne sich dreckig zu machen, darüber mag man denken wie man möchte...

 

Der gut 50 km lange Fjord ist mit Eisbergen gefüllt, die allesamt vom Gletscher am anderen Ende "ausgespuckt" werden,

um dann im Laufe von zum Teil mehreren Jahren den Fjord entlang zu treiben, langsam zu schmelzen und, wenn sie "klein" genug sind ins offene Meer weiter zu treiben.

Die größten Eisberge können dabei bis zu 1 Mio Tonnen schwer werden,

in Menschen umgerechnet reden wir also vom Gewicht der gesamten Bevölkerung Bayerns (12,4 Mio Einwohner) für einen einzigen großen Eisberg, von denen es im Fjord Hunderte gibt!

 

Im Supermarkt habe ich mir einen interessant aussehenden Salat gekauft, beim Essen bemerke ich zwischen Shrimps, Mais und Eisbergsalat auch komische schwarz-weiße Würfel, scheinbar hatte ich den Robben-Salat erwischt,

das Fleisch schmeckt nach Wasser und lässt sich nur abkauen, aber das stört beim Blick auf die Eisberge kaum noch!

 

 

Der Weg zum Zeltplatz geht vorbei an einer Schlittenhunde-Kolonie, zwar tun einem die Hunde leid, da sie angekettet gehalten werden (6-8m lange Ketten), da die Hunde im Sommer "arbeitslos" sind und vom Benehmen eher an Wölfe, als an Hunde erinnern, bleibt den Besitzer nichts anderes übrig.

Die Welpen hingegendürfen frei herumlaufen,

was auf dem Zeltplatz zu einigen Einbruchsversuchen in Zelten führt,

eben auch das gehört  zu Grönland dazu und man gewöhnt sich an sie,

oder -wenn sie doch mal zu dreist werden- verjagt sie.

Ich markiere meinen Zeltplatz mit einem Rahmen aus Pfefferspray und habe im Gegensatz zu einigen anderen Zeltern von Anfang an keinen Besuch von den zwar süßen, aber eher wild lebenden Hunden:


 

Nachts heulen die insgesamt 2500 Wölfe- pardon Hunde - mehrfach alle gemeinsam, beim ersten Mal wird man vielleicht noch wach, man gewöhnt sich doch sehr schnell an das Geräusch und schläft im Zelt gemütlich weiter.


 

 

 

 

 

Sonntagmorgen geht es um 8 Uhr mit dem Boot raus,

im Slalom um die Eisberge, mit voller Geschwindigkeit über einige Eisschollen, die unter dem kleinen Schnellboot zerbersten...

 

 

...und dann eine Stunde lang durchs offene Meer auf dem sich die Eisberge besser verteilen gen Süden in Richtung Qasigiannguit, wo wir mehrere Kilometer unterhalb der Küste nach Buckelwalen suchen, die dort häufig auf Nahrungssuche unterwegs sind.

Unterwegs kommen wir an einer Insel vorbei auf der 2 neugierige Polarfüchse an die Küste kommen um nachzugucken was hier gerade an ihnen vorbeifährt.

Die im Vergleich zu europäischen Füchsen viel kleineren Füchse kann man in ihrem schwarzen Sommerfell recht gut erkennen.

Unsere 9-Köpfige Gruppe (ein Tiroler Pärchen, ein Geographie Dozent aus Baden-Württemberg, 3 Dänen, 2 Italiener und ich) kommt dank des erfahrenen Kapitän Peter schnell an unser Wunschziel,

er macht den ersten Wal aus und beschleunigt.

Der Humpback taucht jedoch schnell ab und so suchen wir 20 Minuten weiter, bevor der Tiroler gut 300 m von uns einen Blow- den wolkenartigen Luftausstoß des Wales- sieht.

 

Wir haben Glück und sehen eine 8-köpfige Gruppe, der wir für 20 Minuten folgen:


Zufrieden fahren wir bei Tee und Kaffee zurück,

zwischendurch halten wir nahe einer Felsinsel und sehen für gut 30 Sekunden einen Finnwal, der jedoch schnell abtaucht, weshalb mir kein gutes Bild gelingt, das Anschauen war mir in diesem Fall auch ehrlicherweise wichtiger...

Halb erfroren aber vollends glücklich geht es auf den Rückweg, achterbahnmäßig über die See,die im Laufe des Morgens immer rauer wurde.

Nach knapp 4 1/2 Stunden erreichen wir den Hafen von Ilulissat und erst auf dem Fußweg zum Zelt beginnt der Regen- perfektes Timing!


 

 

Am nächsten Morgen ist es endlich so weit,

ich hole das vorher reservierte Satellitentelefon (für Notfälle, denn Handyempfang gibt es draußen in der Wildnis keinen) bei North Greenland Adventure ab und es geht auf zur "großen" Wandertour, geplant habe ich 7-8 Tage im Hinterland querfeld/bergein von Ilulissat die insg. 120 km zum Inlandeis und zurück zu schaffen.

Es liegt ein leichter Nebel über dem Fjord als ich mein Zelt zusammenpacke...

... doch kaum gehe ich los verdichtet sich der Nebel auch über dem Land,

Moskitos sind meine einzigen Begleiter und nach einer halben Stunde fängt es schon an zu regnen.

Nach 2 Stunden und gerademal 7 km mache ich Schluss, baue mein Zelt auf einem Fels zwischen 2 Bergen mit Blick auf den Fjord auf und hoffe drauf, dass das Wetter am nächsten Tag besser wird...


Am nächsten Morgen mache ich das Zelt auf, gucke raus und...

mache es sofort wieder zu- Sauwetter beschreibt das draußen Sichtbare oder sollte ich eher nicht Sichtbare sagen.

Abends lichtet sich der Nebel etwas, der Ausblick ist gigantisch, aber zum Zeltabbau und loswandern lohnt der Tag nicht mehr...


Einschlafen und auf morgen hoffen nachdem die Abendsonne doch sehr positiv stimmt...


....und das Hoffen lohnt: es ist zwar bewölkt aber man hat freie Sicht,

schnell sind Zelt und Rucksack gepackt und los gehts, wer weiß wie oft ich so perfektes Wetter erwarten kann?


Ein paar Kilometer weiter sieht man die selben Eisberge wie vorher von der Seite, das Bild ist ein ganz anderes wie am Vorabend, die Formenvielfalt dieser Riesen ist unglaublich:

Auf der Wanderung muss ich durch zwei kleine, sch*kalte Gebirgsbäche,

auch das war mir vorher bewusst und gehört somit zum Spaß der Wanderung dazu.

 

Ich klettere/wandere (wie immer man das bei knapp 30 kg Gepäck schleppen nennen möchte) auf dem höchsten Berg,

der direkt am Fjord liegt und habe das Glück den Gletscher mit bloßem Auge erkennen zu können,

hinter dem Meer aus Eisbergen liegt in einer Entfernung von 40 km Sermeq Kujalleq, der Gletscher aus dem alle Eisberge im Fjord herausbrechen.

Die 10 km breite Gletscherfront ist selbst auf diese Entfernung gut zu sehen, Wahnsinn!!!!

Ein paar Kilometer weiter stelle ich mein Zelt auf einer Landbrücke zwischen 2 Seen auf,

mit Blick auf die Eisberge im Hintergrund.

Das Abendessen und das barfuß durch Moos und Heidekraut gehen auf "meiner" Halbinsel genieße ich sehr,

mein absoluter Lieblingszeltplatz der Reise:

Und, wie kann es anders sein- bisher sehe ich keinen Menschen und prompt heute abend kommen 2 Wanderer vorbei,

2 Studenten aus Deutschland die auch durchs Hinterland wandern, wir unterhalten uns ein paar Minuten,

die beiden "gratulieren" mir zu meinem Zeltplatz und setzen ihre Wanderung fort, 

weil sie noch ein paar Kilometer weiter wollen.

Abends genieße ich den See als großen Duschen-Ersatz, er ist zwar unglaublich kalt,

das Waschen im großen See ist um Welten angenehmerals in den kleinen Bächen und Tümpeln,

die man sonst in Grönland so nutzen kann!



Am nächsten morgen enttäuscht mich der Grönländische Wettergott doch etwas- 5-10 Meter Sichtfeld, mehr bekommt man den ganzen Tag nicht zu sehen, ich erkunde mit dem GPS den weiteren Küstenverlauf, lasse mein Zelt aber stehen, denn weiter will ich bei dem Wetter erstmal nicht...

Da der Nebel sich auch bis nachts um 10 nicht wieder legt entscheide ich mich dafür die Wanderung abzubrechen, ich habe zur Hälfte der 8 maximal eingeplanten Tage gerademal ein Drittel der Strecke geschafft und das Wetter scheint nicht besser zu werden, daher beginne ich am nächsten morgen sehr früh den Rückweg.



Obwohl ich die Strecke bereits grob kenne, tue ich mich zu Beginn schwer ihr im Nebel zu folgen,

zum Teil laufe ich um die Sümpfe fast im Kreis herum, je näher man nach Ilulissat kommt desto ausgelatscher ist der Track, bis er zurück auf den markierten Wanderweg führt, so kann ich in einem langen und weniger angenehmen Tag (mit einigen Ausrutschern und auf der Nase-Landungen) die Zivilisation erreichen, müde und mit nur ein paar blauen Flecken komme ich auf dem Zeltplatz an und baue im immernoch unschönen Mistwetter mein Zelt auf.

 

Da ich mehr Zeit habe, als vorher eingeplant buche ich Freitags 2 weitere Bootstouren für Sonntag und Montag.

An den nächsten Tagen erkunde ich gemütlich das 4500 Einwohner Örtchen (nach grönländischem Verständnis eine Großstadt, es gibt nur 2 Orte/Städte die mehr Einwohner haben als Ilulissat) gehe ins örtliche Café,

um die beiden ausgepumpten Kamera-Akkus aufzuladen

bei einem schwarzen Tee (2,20€, für Grönl. Preisniveau garnicht mal schlecht!).

 

Die Stadt schwebt, wie so viele Teile Grönlands zwischen der Inuitvergangenheit und der modernen,

westlich geprägten Gegenwart, seien es nun traditionelle Jäger in Nike-Shirts und Baseballcap,

oder einfach nur der Händler an der Ecke, der neben Grundlebensmitteln auch den neuesten Plasma-Fernseher im Regal stehen hat...

 

Trotzdem behält sie genug ihres "un-westlichen" Charatkers und somit ihren Charme...

Der (einzig wahre?!) Briefkasten des Weihnachtsmannes und sein Schlitten
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Iglu-Romantik ausgeschlossen....
Iglu-Romantik ausgeschlossen....
Hauptsstraße mit Blick auf die Eisberge der Diskobucht
Hauptsstraße mit Blick auf die Eisberge der Diskobucht
...  die Wohnrealität der Grönländer sieht so aus!
... die Wohnrealität der Grönländer sieht so aus!

Sonntagmorgen die Ernüchterung,

wegen zu starkem Wind wird die für heute angesetzte Bootstour kurzfristig abgesagt und auf Montag verlegt,

na gut- dann eben 2 Bootstouren am Montag, warum nicht?

 

Montag ist mein vorletzter "voller" Tag in Grönland, daher spricht nichts gegen ein ausführliches Tagesprogramm,

dem man den Titel und täglich grüßt das Murmeltier/ der Buckelwal geben könnte.

 

Peter begrüßt mich mit einem Grinsen auf seinem Boot und denkt sich sicherlich

"Schon wieder der verrückte Deutsche, wer bucht solche Touren zweimal?"

 

Ähnlich wie beim letzten Mal fahren wir zwischen den Eisbergen raus, jedoch bei perfektem Wetter und ruhigem Seegang- Perfekt zum Fotografieren, Ausblick genießen und vor allem Wale finden:


Wieder fahren wir 1 1/2 Stunden südlich,

dieses Mal aber zu einer kleinen Inselgruppe in deren weitläufigen Buchten die Wale auch oft gesehen werden.

Wir finden eine 7-köpfige Gruppe, darunter eine Mutter mit Jungtier und folgen ihr in eine der Buchten,

Peters Augen sind unglaublich, er sieht die Wale zum Teil aus weit über 500 m Entfernung, selbst wenn es nur ein einzelner Blow ist.

So haben wir riesiges Glück und können die Riesen eine knappe Stunde lang beobachten, mir gelingt dabei sogar eine ziemlich perfekte Tauch-Serie:

Die Wale bleiben in unserer Nähe und versuchen garnicht erst wegzuschwimmen,

scheinbar ist die Nahrung (Krill, Schrimps und Heringe) so reichhaltig, dass sie sich hier, wie an einem gedeckten Tisch, bedienen können.

 

Auf dem Rückweg erzählt uns eine grönländische Studentin einiges über die Wale und wir unterhalten uns auch darüber,

wie sie überhaupt auf das Boot kommt:

Sie arbeitet in den Semesterferien als Tourguide, um sich damit u.a. die Heimreise zu finanzieren,

denn die meisten Grönländer Studis studieren in Dänemark.

 

An Land angekommen verabschiedet mich Peter und fragt in seinem typisch gebrochenen Englisch

"You come back here tomorrow to see the whales again?"

Ich verneine (leider).

Morgen ist mein letzter Tag und an dem will ich einfach nochmal Eisberge von der Küste aus angaffen,

aber vielleicht komme ich in ein paar Jahren wieder, wer weiß...

 




Jetzt habe ich erstmal 2 1/2 Stunden Pause, bevor es auf meine Abendtour zwischen die Eisberge im Mitternachts-Sonnen-Licht geht.

Ich gönne mir eine Rentier-Pizza im Café, wo bekommt man solche Mahlzeiten auch sonst?

 

Um 8 Uhr abends fahren wir (6 Tourgäste, eine Führerin, der Kapitän und ein Bootsmann) im Schneckentempo hinaus in Richtung Fjord, im Gegensatz zur Wal-Tour geht es hier um den ruhigen Blick auf die Eisberge im einmaligen Abendlicht, was wieder neue, teils surreal wirkende Farben hervorzaubert:

Die Kirche von Ilulissat gehört zu den ältesten Gebäuden im Land
Die Kirche von Ilulissat gehört zu den ältesten Gebäuden im Land
Fischer unterwegs im Eisfjord
Fischer unterwegs im Eisfjord
Begrüßungskommitee für Ein/Ausfahrende Schiffe?!
Begrüßungskommitee für Ein/Ausfahrende Schiffe?!
Eisberge in allllllen Formen und Farben...
Eisberge in allllllen Formen und Farben...

 

Plötzlich ruft uns der Kapitän vom Dach runter und beschleunigt überraschend schnell,

zuerst wissen wir nicht warum, doch schnell wird klar:

Er hat von einem Fischer über Funk gesagt bekommen, dass 2 Buckelwale (...und täglich grüßt der Buckelwal...) nahe des Hafens gesehen wurden.








Unser Bootsmann hält deshalb Ausschau nach den beiden Riesen, die zwischen den Eisbergen doch schnell übersehen werden können...

... und dann tauchen die beiden direkt neben uns auf, vom Bootsdach aus hat man eine noch bessere Sicht auf die Wale und kann ihre Länge von bis zu 17m wahrnehmen, besonders im klaren Wasser des Fjordes.






Wir folgen den beiden,

zuerst begleitet von 2 weiteren Touristenbooten kurze Zeit später alleine,

zwischen den Eisbergen hindurch und sehen sie eine ganze Stunde lang immer wieder im Sonnenuntergangslicht auf und abtauchen...







... bis die Dämmerung einsetzt und wir uns vorbei an den Eisbergen auf den Heimweg machen.

 

 

 

 

Den letzten Tag in Ilulissat genieße ich wie geplant mit Eisberge-Gaffen nach einem Spaziergang durch den Ort.

Abends lasse ich den Tag mit meinen Nachbarn, die auch seit einigen Tagen hier ihr Zelt stehen haben, gemütlich ausklingen, bei ein paar dänischen Flaschen Bier unterhalten wir uns übers Reisen, Orte wo wir schon waren, hinwollen und tauschen Adressen aus.


Am nächsten Morgen geht es am Friedhof vorbei zum Airport, die Tradition,

dass die grönländischen Friedhöfe aufs Meer blicken sollen lässt mich in einem komisch-positiven Gefühl vorbeigehen:

Im Flieger überfliegen wir bei bestem Wetter den Fjord und ich nutze die Chance durchs Fenster einige Eisberge zu fotografieren.

 

Nach einem Tag Zwischenstopp in Kangerlussuaq geht es nun über Kopenhagen und Frankfurt zurück nach Hause.

 

Der Flug zurück verläuft angenehm mit den üblichen 3 statt nur 2 Coladosen ("Grönland war ja bestimmt sehr teuer, nehmen sie noch eine...") und somit gehen 3 wahnsinnig ereignisreiche Wochen Grönland zuende,

ob ich bereits in den nächsten Jahren wiederkomme weiß ich nicht, aber man soll niemals nie sagen!

 

So long,...

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